Gesellschaft CJZ Minden e.V.
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Minden e.V.
Leiterstr. 17
32423 Minden
Fon 01 60 / 50 56 97 4
E-Mail: kontakt@gcjz-minden.de (NEU!)
Homepage www.gcjz-minden.de
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Vortrag und Lesung mit Marlies Kalbhenn
Paul-Gerhardt-Haus - 17.00 Uhr
Meßlinger Str. 9, Petershagen
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert Marlies Kalbhenn, Schriftstellerin und Verlegerin aus Espelkamp, an den für sie wichtigsten Zeitzeugen der Jahre 1933 bis 1945: An ihren 2014 verstorbenen Vater, und Autor, Herbert Höner.
Herbert Höner wurde am 13. März 1921 im lippischen Schötmar als Sohn eines Fuhrmanns geboren. Spielgefährten seiner frühen Jahre waren vor allem die jüdischen Nachbarsjungen. Nach Volksschule, Tischlerlehre und Arbeitsdienst wurde er Soldat an der Wolchowfront im Belagerungsring um Leningrad. Von dort kam er nach zwei „Russlandwintern“ und einem monatelangen Lazarettaufenthalt in Göttingen im Sommer 1944 an die Offiziersschule in Dessau-Roßlau. Im Januar 1945 wurde er zuerst nach Aschaffenburg geschickt und von dort in Richtung „Alpenfestung“, konkret: in Richtung Salzburg. Sein Auftrag: Zusammen mit den ihm jetzt unterstellten Soldaten „die Amerikaner aufzuhalten“. Eine Woche vor der offiziellen Kapitulation entließ er auf eigene Verantwortung sich und seine ihm anvertrauten jungen Männer. Nach vierwöchigem Fußmarsch kam er Pfingsten 1945 nach Hause. Da waren die benachbarten „Judenhäuser“ leer, die Menschen „verschwunden“ – einschließlich seines besten Freundes Günter Wallhausen.
Aus dem Tischlergesellen wurde nach dem Krieg nicht, wie er vorgehabt hatte, ein Innenarchitekt. Herbert Höner entschied sich anders. Von 1947 bis 1952 war er Jugendwart in seiner Heimatkirchengemeinde Schötmar und von 1952 bis 1961 Synodaljugendwart im Kirchenkreis Gütersloh. Nach einem „norddeutschen Zwischenspiel“ als Jugenddiakon in Geesthacht an der Elbe nahm er auf Einladung der Westfälischen Kirche an einem Predigerlehrgang teil und wurde am 6.9.1964 in Münster zum Pastor ordiniert. 1973 wechselte er aus dieser Gemeindepfarrstelle als Synodaljugendpfarrer in den Kirchenkreis Bielefeld. Ab 1995 bis zu seinem Tod 2014 lebte er als „Unruheständler“ zusammen mit seiner Frau bei seiner Tochter Marlies und seinem Schwiegersohn Hans-Georg Kalbhenn in der nach 1945 auf dem Gebiet einer nationalsozialistischen Munitionsanstalt gegründeten Flüchtlings- und Vertriebenenstadt Espelkamp.
Marlies Kalbhenn liest aus den Büchern ihres Vaters „Sprechen Sie bitte von unten“ und „Duett am Wolchow“, in denen sich neben den Erinnerungen „an damals“ – zum Beispiel im Kapitel „Milch und Mazzen gratis“ – Ansprachen, Predigten und Vorträge zu den Themen Antisemitismus und Nationalsozialismus finden, die von der lebenslangen Versöhnungsarbeit des Autors Zeugnis ablegen, zum Beispiel seine Ansprache im Bielefelder Rathaus anlässlich der Einweihung des Mahnmals vor dem Bielefelder Bahnhof zur Erinnerung an die aus Ostwestfalen über Bielefeld zunächst nach Riga deportierten jüdischen Menschen oder seine Rede auf dem Leningrader (St. Petersburger) Gedenkfriedhof Piskarjowskoje, auf dem ein großer Teil der durch die Blockade verhungerten Zivilbevölkerung bestattet wurde.